Barrikadengespräch mit Katja Kipping, Andrej Holm und Susanne Hinneberg moderiert von Isette Schuhmacher
Topic
Armut meint nicht nur das Leben am Existenzminimum. Sie betrifft die gesellschaftliche Teilhabe und bedeutet den Ausschluss von den Qualitäten der Stadt. Die augenscheinlichste Form von Armut ist Obdach- und Wohnungslosigkeit, die Berlin (neben der UNO, der EU und Deutschland) bis 2030 abschaffen will. Nichts deutet jedoch gegenwärtig darauf hin, dass dieses Ziel erreicht wird. Das ist nicht nur bitter für das Fünftel der Berliner Bevölkerung, das von (relativer) Armut betroffen. Die Verwirklichung von Ideen wie „kultureller Austausch“, „Begegnung des Pluralen“, „Anerkennung“ und „Inklusion der Differenz“, für die eine Metropole wie Berlin steht, hängen wesentlich an solidarischen sozialen Infrastrukturen, die den gleichberechtigten Zugang zu den öffentlichen Gütern und Strukturen der Stadtgesellschaft ermöglichen.
Die Stadt als Stätte der Solidarität wäre eine sozial gerechte Stadt für alle. Dafür braucht es Infrastrukturen in zentralen Bereichen, wie Wohnen, Bildung, Gesundheit, Arbeit, Energie, Wasser, Mobilität, Freizeit und Kultur, die nicht zuletzt der Verbesserung der Lebensbedingungen der sozial Schwächsten und Marginalisierten zugutekommen. Weil in einer solidarischen Stadt aber auch das öffentlich Gemeinsame aktiv gestaltet wird, sind die Praktiken der Bevölkerung und die Kämpfe sozialer Bewegungen entscheidend. Denn diese Kämpfe wollen immer auch den Zugang zu demokratischen Entscheidungen erleichtern und Räume für die Selbstorganisation schaffen.
Wir diskutieren mit der ehemaligen Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales Katja Kipping, dem Stadtforscher und Aktivisten Andrej Holm und Susanne Hinneberg, die für querstadtein e.V. Stadtrundgänge zum Thema Obdachlosigkeit anbietet, wie eine solidarische Stadt für alle aussehen kann, welcher Infrastrukturen es für eine solidarische Stadtgesellschaft bedarf, und welche strukturellen Hindernisse einem solidarischen Miteinander im Weg stehen. Braucht es einen politischen „Masterplan“, um Armut und Wohnungslosigkeit langfristig zu bekämpfen, oder lässt sich die Stadt gemeinsam („von unten“) gestalten? Und welche Rolle spielen städtische Freiräume und gemeinwohlorientierte Formen des Zusammenlebens der Akteur*innen hierbei?
Die Veranstaltung findet auf Deutsch statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Gäste
Katja Kipping ist ehemalige Bundesvorsitzende der Partei Die Linke und saß für diese von 2005 bis 2022 im Deutschen Bundestag. Von 2021 bis 2023 war sie Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales und hat in diesem Amt an der Umsetzung des Berliner Masterplans zur Überwindung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 gearbeitet.
Andrej Holm arbeitet und forscht am Arbeitsbereich Stadt- und Regionalsoziologie an der Humboldt Universität zu Berlin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen europäische Stadtpolitik, Gentrifizierung und Wohnungspolitik. Er ist darüber hinaus in verschiedenen stadtpolitischen Initiativen aktiv.
Susanne Hinneberg ist Urberlinerin und kritische Beobachterin ihrer Stadt. Für querstadtein e.V. leitet sie als Bildungsakteurin politische Stadtrundgänge aus der Perspektive Betroffener rund um die Themen Wohnungslosigkeit, Altersarmut und kulturelle Teilhabe. Darüber hinaus engagiert sie sich in der Wohnungslosenselbstvertretung Union für Obdachlosenrechte Berlin.