Topic
Krisenerfahrungen sind in medialen und politischen Diskursen allgegen-
wärtig: Finanzkrisen, Klimawandel, Migration, die Covid-19-Pandemie,
der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Nahostkonflikt
– all diese Ereignisse werden als Krisen bzw. als Teile umfassenderer
Krisen medial vermittelt und prägen die Erfahrung der Gegenwart als
eine „Zeit der Krisen”.
Die Diagnose einer krisengeschüttelten Gegenwart ist nicht neu. Sie
begleitet die Selbstverständigung moderner Gesellschaften vielmehr
seit ihren Anfängen in unterschiedlichen Formen verschiedener politi-
scher Stoßrichtungen. Mit Karl Marx‘ Kritik der bürgerlichen politischen
Ökonomie und den kritischen Weiterentwicklungen seiner Theorie
verschiebt sich der Blick von heterogenen Einzelkrisen hin zu einer
strukturellen Krisenhaftigkeit kapitalistischer Vergesellschaftung. Vor-
mals disparat erscheinende Krisen erweisen sich so als Momente eines
Krisenzusammenhangs, wie es derzeit auch in Begriffen wie „Zangen-
krise“ (Klaus Dörre), „multiple Krise“ (Ulrich Brand) oder „Polykrise“
(Adam Tooze) anklingt.
Aus dieser Perspektive lassen sich die verschiedenen Verwendungen
des Krisenbegriffs im politischen und medialen Diskurs kritisch hinter-
fragen. Denn die Erfahrung von Krisen als isolierte und kontingente
Phänomene kann den Blick auf die tieferliegende krisenhafte Verfasst-
heit kapitalistischer Gesellschaften verstellen und so als Herrschafts–
instrument dienen. Ob ein Phänomen überhaupt eine „Krise“ ist, ist
nicht einfach gegeben, sondern muss analytisch erschlossen werden.
Dem Wortsinn nach konfrontiert uns eine Krise mit einer Entscheidung,
einem Wendepunkt, an dem eine Veränderung des Status quo mög-
lich, oder gar notwendig wird. Doch scheint gerade die mit der Krise
verbundene Veränderbarkeit der Verhältnisse, das transformative oder
gar revolutionäre Potential der Krise, heute mehr denn je in Frage zu
stehen. Das oft mit ihr verknüpfte Veränderungsversprechen konnte
jedenfalls nicht eingelöst werden.
wärtig: Finanzkrisen, Klimawandel, Migration, die Covid-19-Pandemie,
der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Nahostkonflikt
– all diese Ereignisse werden als Krisen bzw. als Teile umfassenderer
Krisen medial vermittelt und prägen die Erfahrung der Gegenwart als
eine „Zeit der Krisen”.
Die Diagnose einer krisengeschüttelten Gegenwart ist nicht neu. Sie
begleitet die Selbstverständigung moderner Gesellschaften vielmehr
seit ihren Anfängen in unterschiedlichen Formen verschiedener politi-
scher Stoßrichtungen. Mit Karl Marx‘ Kritik der bürgerlichen politischen
Ökonomie und den kritischen Weiterentwicklungen seiner Theorie
verschiebt sich der Blick von heterogenen Einzelkrisen hin zu einer
strukturellen Krisenhaftigkeit kapitalistischer Vergesellschaftung. Vor-
mals disparat erscheinende Krisen erweisen sich so als Momente eines
Krisenzusammenhangs, wie es derzeit auch in Begriffen wie „Zangen-
krise“ (Klaus Dörre), „multiple Krise“ (Ulrich Brand) oder „Polykrise“
(Adam Tooze) anklingt.
Aus dieser Perspektive lassen sich die verschiedenen Verwendungen
des Krisenbegriffs im politischen und medialen Diskurs kritisch hinter-
fragen. Denn die Erfahrung von Krisen als isolierte und kontingente
Phänomene kann den Blick auf die tieferliegende krisenhafte Verfasst-
heit kapitalistischer Gesellschaften verstellen und so als Herrschafts–
instrument dienen. Ob ein Phänomen überhaupt eine „Krise“ ist, ist
nicht einfach gegeben, sondern muss analytisch erschlossen werden.
Dem Wortsinn nach konfrontiert uns eine Krise mit einer Entscheidung,
einem Wendepunkt, an dem eine Veränderung des Status quo mög-
lich, oder gar notwendig wird. Doch scheint gerade die mit der Krise
verbundene Veränderbarkeit der Verhältnisse, das transformative oder
gar revolutionäre Potential der Krise, heute mehr denn je in Frage zu
stehen. Das oft mit ihr verknüpfte Veränderungsversprechen konnte
jedenfalls nicht eingelöst werden.