Democracy and its Crises

Juni, 17-19, 18-20 Uhr
Humboldt Universität zu Berlin, Emil-Fischer-Hörsaal Hessische Straße 1-2

Thema

Im Juni 2019 fanden am Humanities and Social Change Center Berlin an der Humboldt-Universität zu Berlin erstmals die Walter-Benjamin-Lectures statt. Der renommierte kanadische Philosoph Charles Taylor gab den Auftakt dieses sich jährlich wiederholenden Formats. An drei aufeinander folgenden Abenden hielt Taylor Vorträge zu „Democracy and its Crises“ und beleuchtete dabei immanente Verfallsphänomene gegenwärtiger Demokratien wie politische Entfremdung, wachsende Ungleichheit, Xenophobie und Ausgrenzung, aber auch mögliche Wege aus der Krise.

Thema

Im Rahmen der Benjamin Lectures stellt Charles Taylor eine scharfsinnige Diagnose der gegenwärtigen Bedrohungen demokratischer Gesellschaften vor, die sich um die drei Hauptprobleme Ungleichheit, Undurchsichtigkeit und Fremdenfeindlichkeit gruppieren. Von der Krise über Möglichkeiten zur Veränderung, zeichnet Taylor ein umfassendes Bild unserer Zeit.

 

Montag, 17.06
Losing Faith in Democracy (mit einem Kommentar von Maeve Cooke (University College Dublin))

In der ersten Vorlesung werden bestimmte Anfälligkeiten und Degenerationserscheinungen untersucht, die der modernen Demokratie eigen sind. Demokratien leiden unter dem potenziellen Abgleiten in eine unverhältnismäßige Macht der Eliten, sie stützen sich auf vereinheitlichende politische Identitäten, die leicht dazu führen können, dass bestimmte Bürger als nicht wirklich vollwertige Mitglieder ausgeschlossen werden, und sie ermöglichen es gegnerischen Gruppierungen, vorübergehende Siege unumkehrbar zu machen. Um zu gedeihen oder gar zu überleben, müssen sich Demokratien, die weit davon entfernt sind, sich automatisch selbst zu erhalten, weiterhin mit diesen Gefahren auseinandersetzen.




Dienstag, 18.06
Marketization and Polarization (mit einem Kommentar von Patrizia Nanz (IASS Potsdam))

In der zweiten Vorlesung wird die Geschichte der westlichen Demokratien seit dem Zweiten Weltkrieg aus einer von Karl Polanyi inspirierten Perspektive untersucht. Nach Ansicht des österreichischen Wirtschaftshistorikers neigen unbeschränkte Märkte dazu, sich von der Gesellschaft zu lösen und das soziale Gefüge zu schwächen. Ihre Expansion muss daher durch eine „zweite Bewegung“ aufgefangen werden, die den Markt wieder einbettet. Die ersten 30 Jahre nach dem Krieg stellten in vielen westlichen Gesellschaften eine solche zweite Bewegung dar, aber nach 1975-80 kam diese Bewegung zum Erliegen und wurde in gewissem Maße rückgängig gemacht. Darin liegt die Ursache für unsere gegenwärtige Krise.




Mittwoch, 19.06
What can be done? (Mit einem Kommentar von Zhang Shuangli (Fudan University))

In der dritte und letzten Vorlesung widmet sich Taylor möglichen Lösungsansätzen für die aktuelle Krise, in Hinblick auf die sozio-ökonomische Dimension als auch in Bezug auf soziale Kämpfe um Identität(en).




Charles Taylor zählt zu den bedeutendsten Denkern der Gegenwart. Allein sein Frühwerk zur lebensweltlichen Einbettung von Erkenntnis steht in den Sozialwissenschaften nachgerade für einen Paradigmenwechsel. Ausgehend von seiner einflussreichen Neu-Lektüre Hegels wandte sich Taylor anschließend einem atemberaubenden Forschungsprogramm zu: Die Widersprüche der Moderne aus deren innerer Entwicklung, aus deren Verengungen und Vereinseitigungen heraus verständlich und überschreitbar zu machen. Dieses Projekt entfaltete er in zwei monumentalen Werken, die sich der Geschichte des Selbst und der Säkularisierung widmen. In jüngerer Zeit brachte Taylor das Motiv ausgeblendeter geteilter Grundlagen – sei es an Werten, an Vorstellungswelten oder sozialen Beziehungen – mit Fortschritten und Fehlentwicklungen demokratischer Gesellschaften zusammen. In den Benjamin-Lectures mündete diese Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Krisen und Erschütterungen der Demokratie in hochaktuelle und philosophisch fundierte Situationsdeutungen.

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